Ein Jahr nach der offiziellen Anerkennung des Völkermords an den Jesiden fordert Nadia Murad die Bundesregierung auf, die Abschiebung von Jesiden zu stoppen.

Der Deutsche Bundestag hat vor einem Jahr den Völkermord an den Jesiden durch den sogenannten Islamischen Staat im Jahr 2014 offiziell anerkannt. Diese Entscheidung gab den Jesiden auf der ganzen Welt neue Hoffnung, insbesondere der jesidischen Diaspora in Deutschland. Viele Jesiden hofften, dass diese Entscheidung die Sympathie und Unterstützung für die jesidische Gemeinschaft stärken würde.

Die Bundesregierung und einige Kommunalverwaltungen haben in den Monaten nach dieser Entscheidung jedoch die Asylanträge Tausender in Deutschland lebender Jesiden abgelehnt und Dutzende Jesiden gewaltsam in den Irak abgeschoben. Einige Familien und Einzelpersonen, die abgeschoben wurden, lebten seit Jahren in Deutschland und betrachten es als ihre Heimat.

Die Entscheidung der Bundesregierung, Flüchtlinge und Asylsuchende abzuschieben, obwohl Deutschland offiziell den Völkermord von 2014 an den Jesiden im Irak anerkannt hat, ist besorgniserregend.

Ich fordere die deutsche Regierung auf, die Abschiebung von Jesiden unverzüglich zu stoppen und denjenigen, die im Land Zuflucht suchen, Asyl zu gewähren. Während des Völkermords und danach hat die jesidische Gemeinschaft unermessliches Leid erfahren. Viele Flüchtlinge sind Überlebende von Versklavung und konfliktbedingter sexueller Gewalt.

Deutschland hat unsere traumatisierte Gemeinschaft seit vielen Jahren unterstützt, Schutz geboten und ist gerichtlich gegen IS-Terroristen vorgegangen. Es ist weder gerecht noch mitfühlend, Jesiden abzuschieben, Familien zu zerreißen und Vertriebene in ein Land zurückzuschicken, in dem sie sich nicht sicher fühlen. Dies widerspricht der Haltung, die Deutschland bisher eingenommen hat.

Christiane Schulz